Dieter Groß: Eine journalistisch-philosophische Betrachtung seiner künstlerischen Studien und Zyklen zur Passion Jesu

Mit Passion als ein Thema, das in die Kirche gehöre, nicht ins Museum, gerade vor der Karwoche wird die Ausstellung mit den zwei Bilderzyklen „Schweißtuch der Veronika“ und „Menschen in der Passion“ von Ullrich Glatthaar und seinen Mitarbeitern des neu gegründeten Katholischen Bildungszentrums eröffnet.

Der Künstler Dieter Groß, dem man sein reifes Alter von 81 Jahren nicht ansieht, vermutlich eben weil ihn die Kunst jung hält, lebt und arbeitet seit je in Stuttgart-Vaihingen, unter anderem von 1972 bis 2002 als Professor an der Staatlichen Akademie der Künste Stuttgart.

Ein „Gläubiger, der sich danach sehnt, das Antlitz seines Schöpfers anzusehen“

Seit den 1980er Jahren geht er einmal im Jahr, nach dem Gründonnerstag, in die bewusste künstlerische Auseinandersetzung mit Christus und gern zitiert er auch nach der Eröffnung der Ausstellung mehrmals den „Gläubigen, der sich danach sehnt, das Antlitz seines Schöpfers anzusehen.“ So kann man auch diesen künstlerischen Akt beschreiben, bei dem am Ende innerhalb der „Ecce homo“ genannten Serie Christus in allen möglichen Varianten und Schattierungen immer wieder neu entsteht. Das Material ist bewusst gewählt und das ist es auch, dass er jeweils am Gründonnerstag immer wieder neu bearbeitet: ein Schweißtuch, angelehnt an die Veronikatradition in der christlichen Kunstgeschichte und darin angelehnt an die Veronikalegende. Bei jener, die in ihrer ältesten Fassung bei dem Kirchenhistoriker Eusebius von Caesarea  (263 n. Chr. bis 339 n. Chr.) zu finden ist, ist „Veronika die Frau, die Jesus vom Blutfluss geheilt hat, und sie lässt Jesus aus Dankbarkeit eine Statue errichten.“

In der Legenda Aurea (um 1252/60) des Jakobus a Voragine begegnet Veronika auf dem Weg zum Maler Jesus selbst, der sein Gesicht in die Leinwand drückt, so dass auf wunderbare Weise dieses Gesicht auf dieser Leinwand abgebildet wird (frei zitiert nach Dieter Groß und Detlef Stäps: GottesMenschenBilder. Bilder und Worte zur Passion im Dialog. Sonderausgabe). Erst im Zusammenhang mit der Andachtsform des Kreuzweges der Franziskaner und der Begegnung der Veronika mit Jesus wird der Bezug zum Passionsgeschehen hergestellt.

Die Passion Jesu leibhaftig erleben

In der Ausstellung sind eben deshalb Menschen zu sehen, wie sie die Passion erleben und wie eben deshalb in der Ausstellung dargestellt werden. In den Christusbildern, in denen Jesus oftmals mit einer Dornenkrone, manchmal auch mit blutdurchtränktem Gesicht erscheint, zeichnet sich der Künstler auch oft selbst. Gerade in dem hier aufgeführten linken Bild ist auch eine Besonderheit zu sehen: die Form Afrikas. Dieter Groß ist überzeugt davon, dass Jesus heute Afrikaner wäre. Er selbst geht auch mit der Zeit. Er malt sich jeden Tag selbst, um jegliche Veränderung bei sich bis zum Tod festzustellen. Auch eine Form des Mitleidens, dem in der christlichen Mythologie und Kirchengeschichte allseits bekannten Wunsch, Gott eben bildlich zu werden. Eine weitere Besonderheit der Ausstellung ist Jesus mit Narrenkappe.

Was hat es mit dieser Kombination aus Ironie und Schmerz auf sich? Wie Dieter Groß auf die Frage von Ullrich Glatthaar beim Vorgespräch zur Eröffnung der Ausstellung antwortet, ist die Narrenkappe der bewusst gewählte Ausdruck des Witzes und Irrsinns des Kreuzes, parallel neben die   Dornenkrone gestellt, quasi als Gegensatz und absichtliche Verdrehung trauriger Tatsachen.

Apropos Karrikatur: Schon sein Studium hatte sich der Künstler mit Auftragsarbeiten für Karrikatur-Zeitschriften finanziert. Zu Recht, wie die Ausstellung, zeigt. Sie ist noch bis zum Gründonnerstag auf der Empore der Herz-Jesu-Kirche zu sehen.

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